Der «böse» Wolf und die «schlauen» Bauern aus dem Tal der Ahnungslosen

Ob ich da wohl zwei Wörter vertauscht habe? Der Wolf ist bekanntlich seit einigen Jahren wieder in der Schweiz vertreten. Da wo er gesehen wird, ist er oft nicht sehr willkommen. Die Meinungen über ihn können unterschiedlicher nicht sein. Meine Geschichte, welche ich hier erzähle, erlebte ich in einem Walliser Bergtal. Mit dem Tal der Ahnungslosen ist diesmal also ein eines im Wallis gemeint.


Es war Ende Jahr im Winter. Bei einem kurzen Spaziergang ausserhalb des kleinen Dorfes, fielen uns einige Leute auf. Mindestens einer davon spähte mit einem Fernglas in den Bergwald hinauf. Vielleicht waren da Gämsen, dachte ich.
Etwas später kam uns ein Pickup entgegen. Die Fahrerin stoppte abrupt, stieg aus dem Wagen, griff zu ihrem Feldstecher und suchte damit die Bergflanke ab. Irgendwas schien die Leute hier in Aufregung zu setzen.
Auf dem Rückweg war die kleine Menschengruppe immer noch da. Meine Freundin wollte nun fragen, was es zu beobachten gäbe? Sie fragte den Mann mit dem Feldstecher höflich und mit einem Lächeln, was man denn sehen könne?
Der Mann senkte darauf seinen Blick zu Boden, drehte sich ab und sagte nur: Ja, dass sei schwierig zu erklären!
Die anderen Personen grinsten blöd (ja, so war es!) und wandten sich ebenfalls, etwas verlegen von uns ab. Meine Freundin lächelte weiter und blieb stehen, aber keiner sagte ein Wort! Allgemeines Schweigen herrschte! Sind wir hier im Tal der Ahnungslosen, dachte ich. Eigentlich war mir aber schon lange klar, was die sehen! Gämsen konnten es kaum sein.
Okay, es gibt ja offenbar Leute, für welche Anstand und Respekt ein Fremdwort ist. Mehr als freundlich fragen kann man ja nicht. Also gingen wir weiter.

Einige hundert Meter weiter standen drei Männer, wohl Brüder, vor ihrem Bauernhaus. Einer schaute durch den Feldstecher. Auf dem Balkon standen weitere zwei Personen, eine davon ebenfalls mit Fernglas.
Diesmal versuchte ich es und sprach einen der Männer an. Auf meine Frage, was man sehen kann, antwortete er schlicht: Er wisse es nicht. Nein, es gäbe da nichts zu sehen!

Das war nun aber eine saublöde Antwort und diese blödsinnige Geheimnistuerei begann mich nun auch zu nerven!
Ich deutete mit meinem Finger auf den «Späher» daneben und sagte: Wieso schaut der dann durch den Feldstecher, wenn es da nichts zu sehen gibt? Ist da ein Wolf?
Der Mann war nun sichtlich baff, wurde fast rot. Er war wohl nicht der Schlauste, konnte aber wohl schwer lügen. Seine Unsicherheit war anzumerken und er musste eigentlich gar nichts weiter dazu sagen. Die Antwort hatte er mir bereits mit seinem Gesichtsausdruck gegeben.
Solche verschrobenen Hinterwäldner waren mir tatsächlich noch nie begegnet. Man musste sich wegen deren unfreundlicher und distanzierter Art sogar fragen, ob man in diesem Dorf als Tourist überhaupt willkommen sei?

Am nächsten Tag hörte man in den Lokalen schon mal das Wort Wolf. Etliche Touristen wussten es längst. Die Geheimniskrämerei einiger Schlau-Bauern konnte es nicht verhindern, im Gegenteil.

Bei einem weiteren Winter-Spaziergang auf der anderen Dorfseite, kamen plötzlich zwei Anwohner auf uns zu. Sie wollten uns ein Hirschrudel zeigen, welches auf einer Lichtung, oben im Bergwald zu sehen war. Ein grosses Fernglas wurde uns gereicht und genau erklärt, wo sich die Hirsche aufhalten.
Über unser gestriges Erlebnis, welches wir ihnen dann erzählten, mussten sie lachen. Diese freundlichen Anwohner haben für uns die Ehre ihres kleinen Dorfes gerettet. Zum Glück! 

Links dazu: 
Gruppe Wolf Schweiz
Kora

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen