Rotschwänze zum Letzten

Da hier immer mal wieder reingeschaut wird, ein kleines Update des vergangenen Jahres.
Ich weiss gar nicht mehr, wie oft schon Rotschwänze bei uns brüteten. Eigentlich kamen sie jedes Jahr wieder und mein Spezial-Nistkasten scheint ihnen ganz gut zu passen. Kein Wunder, habe mir beim Bau auch Mühe gegeben.
Ganz genau weiss ich aber, dass es bisher erst einmal geschah, dass die Vögel zweimal im selben Jahr brüteten. 
Übrigens verwende ich mittlerweile eine günstige IP-Kamera zur Beobachtung. Der Aufwand ist daher nicht so gross, man braucht keine Kabel mehr zu verlegen und die Bildqualität ist recht gut.
Die erste Brut schien ganz gut geklappt zu haben. Fünf Eier gelegt und vier gesunde Nestlinge flogen aus. Das fünfte Küken verschwand wohl schon in den ersten zwei Tagen nach dem Schlüpfen. Grund nicht bekannt. Die Alt-Vögel entsorgen es gleich auch.
Folgend ein Video der ersten Truppe, kurz vor dem Ausfliegen.



Etwa zwei Wochen später wurde das Nest nochmals neu gepolstert und es dauerte nicht lange, bis erneut ein Ei darin zu sehen war. Die Henne legte wiederum fünf Eier und wieder gab es Verluste. Die ersten zwei Küken verschwanden in den ersten Tagen nach dem Schlupf.
Später verstarb leider nochmals ein Küken. Irgend etwas war seltsam! Der Alt-Vogel wollte das tote Küken aus dem Nistkasten entfernen, schaffte es aber nicht, da dieses wie ein Fisch an der Angel hing. Es hatte sich an einem Haar verfangen oder dieses sogar verschluckt. Leider erweisen sich lange Haare, welche von den Vögeln gefunden und im Nest verflochten werden, immer wieder als gefährliche Fallen für die Nestlinge. Diese verfangen sich mit ihren Füssen in den Haaren und bei dem steten Herum-Gezappel im Nest wickeln sich diese manchmal unlösbar um ihre Beine. 
Als der Altvogel kurz weg war, nahm ich den toten Vogel schnell und 
entschlossen aus dem Kasten, musste mit einer Schere aber zuerst das hartnäckige Haar durchtrennen, er hing da wirklich unlösbar dran. Ich liess ihn am Boden vor dem Nistkasten liegen, wollte am späteren Abend nachschauen, ob er das verhängnisvolle Haar wirklich verschluckt hatte. Er lag dann aber schon nicht mehr da, der Alt-Vogel hatte es bereits entsorgt
Ich beobachtete dieses Vorgehen nun zum ersten Mal. Nun ist mir klar, wie die verstorbenen Küken plötzlich verschwinden. Die Alt-Vögel können diese also locker wegschaffen.
Im folgenden Film sieht man, wie der Vogel das hängengebliebene tote Küken erfolglos versuchte hinaus zu befördern. 



Nun waren es also noch zwei, wovon eines klar etwas Vorsprung hatte und grösser war. Der folgende Video zeigt das ältere der Beiden, kurz vor dem Ausfliegen. Es hüpft ziemlich aufgeregt im Nistkasten umher und schwupps, war es plötzlich draussen.
Das Andere liess sich noch einen weiteren Tag Zeit und natürlich ging da auch wieder was schief. Zum Glück war ich zuhause und schaute immer mal wieder durch die Kamera.



Das letzte Küken zeigte auch eine gewisse Aktivität, hüpfte im Nest herum. Obwohl mir auffiel, dass es manchmal etwas sein Gleichgewicht zu verlieren schien, dachte ich an nichts böses. Folgend sieht man es beim Trocken-Training für den Flug.



Als ich wieder einmal zuschaute, war es wohl kurz vor dem Sprung. Als es sprang schien das halbe Nest zu folgen. Jedenfalls wurde ein Teil des Nestes nach vorne geschleudert.



Ich eilte zum Nistkasten und sah, wie der kleine Vogel am Nistkasten hing, eher wie eine Fledermaus als Vogel. An einem Bein verwickelte sich offenbar ein Haar, welches wiederum fest mit dem Nest verbunden war. Dieses war mittlerweile wohl sogar eingewachsen, da eine wulstartige Wucherung am Bein zu sehen war. Leider stellen sich solche Haare (besonders lange), welche vom Alt-Vogel im Nest verwoben wurden, immer wieder als heimtückische Fallen heraus. Schon bei der ersten Brut starb ein Küken wegen einem verwickelten Haar (siehe weiter oben). 
Der Vogel war an sein Nest gefesselt, vermutlich schon über längere Zeit. Nun
 half nur noch ein beherztes Eingreifen meinerseits, denn sonst wäre der Kleine niemals losgekommen.



Ich schnitt das Haar durch und liess den Vogel gleichzeitig in eine Box plumpsen, setzte ihn am Boden ab. Auf unserer Terrasse war er sicher und hätte noch eine weitere Nacht überstanden. Die zahlreichen Nachbarskatzen lauern weiter unten - leider!
Es ist ja wohl nicht so, dass mich der Alt-Vogel kennt und realisiert, dass ich seinem Nachwuchs nur gutes will. Natürlich hörte ich ihn im Hintergrund zettern, aber das wird sich schnell legen, sieht er sein Küken unbeschadet am Boden sitzen.
Ich habe wohl erwartet, dass der Kleine mindestens noch eine Nacht stoisch da sitzen bliebe und sich nicht vom Fleck bewegt. So sah es zumindest aus. War wohl schon etwas stressig für den Anfang. Der Alt-Vogel kam immer wieder vorbei und versuchte ihn wegzulocken. Irgendwann am späteren Abend flog er auf die Brüstung unserer Terrasse, immerhin einen Meter Steigflug. Das erschreckte mich nun wiederum etwas, weil nun die aktive Zeit der Katzen angebrochen war. Würde er auf der anderen Seite unbeholfen runter flattern und erneut regungslos sitzen bleiben, wäre er verloren gewesen. Aber er flog dann plötzlich weg, gar nicht mal schlecht für den Anfang und zumindest aus dem Gefahrenbereich heraus. Ich hoffe, er hat die erste Nacht in Freiheit gut überstanden, vor allem überlebt!